Roadmap der Deutschen Bauchemie zur grünen und digitalen Transformation des Bausektors

1. Hintergrund und Kontext

Die Deutsche Bauchemie und ihre Mitgliedsunternehmen stellen sich den Herausforderungen unserer Zeit: Sie gestalten aktiv die Transformation zu einer ressourceneffizienten, umwelt-schonenden Wirtschaft und den Weg Deutschlands und Europas zur Klimaneutralität mit. Der Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz wird von der Branche stets sichergestellt und kontinuierlich optimiert. Die Mitglieder sehen die Digitalisierung als große Chance und treiben diese aktiv voran.

Auch die europäische und deutsche Politik haben den Handlungsbedarf erkannt: So weisen die generellen Ziele des European Green Deal in die richtige Richtung. Eine gut bedachte Fortentwicklung des Chemikalien- und Produktrechts kann neue Chancen bieten. Mit Europas digitaler Dekade wird der richtige Weg eingeschlagen.

Die neue EU-Industriestrategie weist dem Bausektor eine zentrale Rolle beim Übergang zu einer resilienten, grüneren und digitalen Wirtschaft[1] zu und erkennt die Bedeutung der Chemieindustrie an.
 

2. Bedeutung, Beitrag und Verantwortung der Bauchemie-Branche

Die Deutsche Bauchemie und ihre Mitgliedsunternehmen bekennen sich zu den Zielen des European Green Deal und übernehmen Verantwortung, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgeht: Aufbauend auf ihrem bisherigen Engagement unterstützen die Deutsche Bauchemie und ihre Mitglieder mit der vorliegenden Roadmap den von der Europäischen Kommission initiierten Übergang zu einem resilienten, grüneren und digitalen Bausektor¹.

Hierzu legen der Verband und seine Mitgliedsunternehmen zielgerichtete Maßnahmen fest, die sie im Zeitraum bis 2030 umsetzen.
 

3. Maßnahmenkatalog der Deutschen Bauchemie

Die Deutsche Bauchemie gestaltet pro-aktiv die grüne und digitale Transformation des Bau- und Chemiesektors mit. Durch innovative Produkte, zielgerichtete technische Lösungen sowie verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln trägt die bauchemische Industrie aktiv zum Erfolg des Transformationsprozesses bei. Der nachfolgende Maßnahmenkatalog bildet dabei die Richtschnur für das Handeln und die zukünftige Ausrichtung des Verbands.

Maßnahmen der Deutschen Bauchemie zur Unterstützung des Übergangs zu einem resilienten, grüneren und digitalen Bausektor

1. Förderung technischer Lösungen zur Defossilierung bzw. Decarbonisierung

1. Die Deutsche Bauchemie hilft Mitgliedern aktiv durch konkrete Maßnahmen wie Workshops, Leitfäden und Best-Practice-Sharing ihre Kompetenzen im Bereich des Klimamanagements auf- bzw. auszubauen (Capacity building). Hierdurch sollen die Unternehmen der Bauchemie-Branche in die Lage versetzt und motiviert werden, sich eigene Klimaziele zu setzen, die sie dann systematisch umzusetzen.
2. Die Deutsche Bauchemie entwickelt gezielt Muster-Umweltproduktdeklarationen (EPD) für Betonzusatzmittel für CO₂-reduzierte Betone. Diese werden von unabhängiger Stelle verifiziert. Dies bietet den Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit, ihre gezielt für diesen Einsatz entwickelten Betonzusatzmittel anhand klarer Kriterien der Muster-EPD zuzuordnen und ihren Kunden, die entsprechenden Ökobilanzdaten zur Verfügung zu stellen. Die Muster-EPDs für Betonzusatzmittel für CO₂-reduzierte Betone bieten auch eine Richtschnur für neue Produktentwicklungen. Damit werden die laufenden Entwicklungen zur Decarbonisierung der Betonbauweise unterstützt.
3. Die Deutsche Bauchemie beleuchtet in Form von „Sucess-Stories“ technische Lösungen für CO₂-reduzierte Bauweisen, mit dem Ziel Produkthersteller zu motivieren die hierzu benötigten Produkte zu entwickeln und Verwender anzuregen diese Technologien anzuwenden.
    

2. Förderung gesunder und nachhaltiger Gebäude

1. Die Deutsche Bauchemie führt für die Produktgattungen der Bauchemie Lebenzyklusanalysen durch. Auf dieser Basis entwickelt, pflegt und aktualisiert der Verband Muster-Umweltproduktdeklarationen (Muster-EPDs) für alle relevanten Produktgattungen der Branche. Die Muster-EPDs werden vor der Veröffentlichung von unabhängiger Stelle verifiziert. Die Muster-EPD der Deutschen Bauchemie können von den Mitgliedsunternehmen in Bezug genommen und anhand konkreter Kriterien den relevanten Produkten zugordnet werden. Auf diesem Wege können die Hersteller bauchemischer Produkte interessierten Kunden, Planern und ausführenden Unternehmen Ökobilanzdaten der verwendeten Produkte zur Verfügung stellen. Mit Hilfe dieser Informationen kann die Nachhaltigkeit von Gebäuden nach standardisierten Methoden ermittelt werden.
2. Die Deutsche Bauchemie unterstützt die Anwendung und Weiterentwicklung von Systemen zur gesundheitsbezogenen Bewertung von Emissionen aus Bauprodukten in der Innenraumluft. In diesem Sinne beteiligt sie sich durch aktive Mitwirkung in den relevanten Gremien des Ausschusses zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) und der Europäischen Kommission an der Weiterentwicklung des AgBB-VOC-Bewertungssystems, der Ableitung von sogenannten NIK-Werten (NIK: niedrigste interessierende Konzentration) und deren europäische Harmonisierung in Form von europäischen LCI-Werten (LCI: lowest concentration of interest). Dies ermöglicht es den Unternehmen der Bauchemie relevante Produkte im Hinblick auf ihre Gesundheitsverträglichkeit zu prüfen und bei Bedarf deren Emissionsverhalten zu optimieren, bevor diese im Innenraum verwendet werden.
    

3. Erhöhung der Energie- und Ressourceneffizienz sowie Kreislaufwirtschaft

1. Die Deutsche Bauchemie propagiert technische Lösungen für ressourcen-effiziente Bauweisen mittels „Success-Stories“. Dies soll die Entwicklung benötigter Produkte und deren Verwendung anregen.
2. Die Deutsche Bauchemie verfolgt das Ziel in Kooperation mit Recyclingbetrieben ein Recyclingsystem für Kunststoffverpackungen zu etablieren.
    

4. Unterstützung der Digitalisierung der Lieferketten des Bausektors

Die Deutsche Bauchemie verfolgt das langfristige Ziel, dass alle produktbezogenen Informationen, die für die Lieferkettenkommunikation relevant sind, in digitaler, maschinenlesbarer Form zur Verfügung stehen.

1. Den ersten Schritt macht die Deutsche Bauchemie mit der schrittweisen Entwicklung von BIM-Produktdatenvorlagen (PDTs) für Produktgattungen der Bauchemie. Damit werden die Voraussetzungen für die Digitalisierung der Lieferkettenkommunikation und den methodischen Einsatz des Building Information Modellings (BIM) geschaffen.
   Diese Standards können die Unternehmen der Branche nutzen, um für ihre relevanten Produkte standardisierte digitale Datensätze zu erzeugen. Kunden und Planern erleichtert dies die Entwicklung von BIM-Modellen.
2. Die Deutsche Bauchemie unterstützt weiterhin die Anwendung des „Smart-CE-Marking“-Konzepts und die Umsetzung für genormte Bauchemie-Produkte. Damit wird die Voraussetzung für eine standardisierte digitale Kommunikation der Eigenschaften und Leistungsparameter von harmonisierten Bauprodukten geschaffen. Dies wiederum ermöglicht die Anwendung intelligenter Datenverarbeitung, wie etwa einem automatischen „Compliance-Check“ durch den Verwender. Im Zuge der laufenden Überarbeitung der EU-Bauprodukteverordnung setzt sich der Verband dafür ein, dass die Zurverfügungstellung einer „digitalen“ Leitungserklärung zum gesetzlichen Standard wird.
    

5. Förderung der Aus- und Weiterbildung sowie Forschung und Lehre

1. Durch die regelmäßige Auszeichnung von Dissertationen, Master- und Bachelorarbeiten aus dem Bereich der Bauchemie fördert die Deutsche Bauchemie den wissenschaftlichen Nachwuchs.
2. Die Deutsche Bauchemie unterstützt die Aus- und Weiterbildung durch die aktive Mitwirkung in Ausbildungsbeiräten und durch die Erarbeitung, Bereitstellung und Aktualisierung von fachlich fundierten Unterrichtsmaterialien.

Deutsche Bauchemie e.V.
Frankfurt, 2. Dezember 2022
 

Die Deutsche Bauchemie vertritt seit über 70 Jahren die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien. Der Industrieverband gehört als Fachorganisation zum Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die mehr als 130 Mitgliedsunternehmen erwirtschafteten 2021 mit rund 32.000 Beschäftigten einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro. Das entspricht der Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa einem Viertel des Weltmarktes.

[1] CSWD: Scenarios for a transition pathway for a resilient, greener and more digital construction ecosystem