Positionspapier zum Einsatz von PFAS in bauchemischen Produkten

Die Deutsche Bauchemie nimmt zu dem Beschränkungsvorschlag wie folgt Stellung:

  • Die Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie setzen für die Herstellung von bauchemischen Produkten in der Regel keine PFAS als primäre Rezepturbestandteile ein und sehen sowohl die Verpflichtung als auch die technische Möglichkeit, in den seltenen Ausnahmefällen zeitnah auf den Einsatz von PFAS als primäre Rezepturbestandteile zu verzichten.
  • Aufgrund bislang fehlender Kennzeichnungs- bzw. Deklarationspflichten auf Seiten der Rohstoffe und dem immensen Umfang an Stoffen, die unter der geplanten Beschränkung geregelt werden sollen, können Formulierer bauchemischer Produkte zum Umfang, der über Rohstoffe in bauchemische Produkte „eingeschleppten“ PFAS derzeit keine Aussage treffen.
  • Aufgrund dieser Situation kann die bauchemische Industrie aktuell auch nicht abschätzen, ob für PFAS-haltige Rohstoffe PFAS-freie Alternativen angeboten werden und ob diese in den entsprechenden Produkten eine technisch vergleichbare Leistungsfähigkeit besitzen würden. Die hierzu notwendigen anwendungstechnischen Prüfungen, müssen in jedem Einzelfall durchgeführt werden und sind aufwendig und zeitraubend.
  • Vor diesem Hintergrund ist es unbedingt notwendig, dass die betroffenen Akteure in den Lieferketten ausreichend lange Übergangsfristen nutzen können, um die relevanten Fälle zu identifizieren, die Verfügbarkeit PFAS-freier Alternativen zu prüfen und ggf. ihre technische Einsetzbarkeit anwendungstechnisch zu untersuchen.
  • Aus Formulierer-Sicht ist es deshalb wichtig, dass nicht nur die PFAS, sondern die PFAS-haltigen Rohstoffe auf ihre Substitutionsfähigkeit geprüft werden müssen. In diesem Sinne muss das „Essential-Use-Konzept“ nicht nur auf Stoff-Ebene, sondern auf allen Ebenen der betroffenen Lieferketten angewendet werden. Dies sollte unbedingt bei der Überprüfung und Bewertung von „Essential Uses“ konzeptionell berücksichtigt werden.
  • Produkte, die vor dem Inkrafttreten der Beschränkung produziert wurden – und bei deren Produktion dem Formulierer ggf. gar nicht bewusst war, dass es sich um PFAS-haltige Produkte handelte, sollten von der Beschränkung ausgenommen werden.
  • Es sei weiterhin darauf hingewiesen, dass die notwendigen Übergangsfristen nicht pauschal für die gesamte Lieferkette, sondern so festgelegt werden sollten, dass jeder der betroffenen Akteure jeweils ausreichend Zeit hat, seine Pflichten zunächst zu identifizieren und anschließend zu erfüllen.
  • Die aus Sicht von nachgeschalteten Anwendern skizzierte Problematik tritt nicht nur im Zusammenhang mit der geplanten PFAS-Beschränkung, sondern auch bei anderen pauschal vorgenommenen, stoffgruppenbezogenen regulatorischen Risikomanagementmaßnahmen im europäischen Chemikalienrecht auf und gewinnt im Zuge der absehbaren Entwicklung zunehmend an Bedeutung.
  • Beispielhaft sei die gerade verabschiedete Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln genannt. Auch hier können Formulierer (industrielle nachgeschaltete Anwender) ohne entsprechende Informationen von ihren Rohstofflieferanten nicht sicher beurteilen, ob ein Rohstoff synthetischen Polymermikropartikel enthält und unter den Geltungsbereich der Beschränkung fällt. Leider sind auch hier die Übergangsfristen zu denen die Rohstofflieferanten ihre Kunden (industrielle nachgeschaltete Anwender) über mögliche Pflichten im Rahmen der Beschränkung informieren müssen und zu denen die industriellen nachgeschalteten Anwender ihrerseits Pflichten zu erfüllen haben, identisch. Das führt dazu, dass den industriellen nachgeschalteten Anwendern im schlechtesten Fall nach dem Erhalt entsprechender Informationen vom Rohstofflieferanten keine Zeit bleibt, die Erfüllung der eigenen Pflichten zu identifizieren und umzusetzen. Diese Situation ist aus Formulierer-Sicht inakzeptabel und sollte in Zukunft unbedingt vermieden werden.

 

Unabhängig von der zuvor geschilderten produkt-bezogenen Problematik, spielen PFAS in sehr vielen industriellen Produktionsanlagen der chemischen Industrie eine wesentliche Rolle. Aufgrund ihrer chemischen und thermischen Persistenz und Langlebigkeit sind fluorierte Polymere unter anderem in Form von Dichtungen, Ventilen, Beschichtungen, Membrane, Schläuchen oder Schmierstoffen essenzielle Bestandteile chemischer Anlagen. Auf diese Weise leisten sie einen wesentlichen Beitrag chemische Produktionsanlagen sicher betreiben zu können und die Umwelt und das chemische Produkt vor Kontaminationen zu schützen. Aufgrund ihrer Eigenschaften sind fluorierte Polymere in diesen Einsatzbereichen, wenn überhaupt nur schwer ersetzbar, ohne die Funktionsfähigkeit und Sicherheit industrieller Anlagen einzuschränken. Dies trifft uneingeschränkt auch für die Produktionsanlagen der bauchemischen Industrie zu.

 

Deutsche Bauchemie e.V.

Frankfurt, 06. September 2023

 

 

Die Deutsche Bauchemie vertritt seit 75 Jahren die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien. Der Industrieverband gehört als Fachorganisation zum Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die mehr als 130 Mitgliedsunternehmen erwirtschafteten 2022 mit rund 32.000 Beschäftigten einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro. Das entspricht der Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa einem Viertel des Weltmarktes.

Hintergrund

Der Vorschlag zur Beschränkung von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) sieht ein umfassendes Verbot zur Herstellung, Verwendung und des Inverkehrbringens von PFAS vor. Der Beschränkungsvorschlag umfasst dabei nicht nur einzelne Chemikalien, sondern ein bestimmtes Strukturelement chemischer Verbindungen, sodass eine große Gruppe von mehreren tausenden bekannten chemischen Verbindungen von der Beschränkung erfasst wird. Damit stellt es das umfangreichste Beschränkungsdossier seit Einführung der REACH-Verordnung dar und hat potenziell eine große Auswirkung auf die chemische Industrie.

Ihr Ansprechpartner

Martin Glöckner
Deutsche Bauchemie
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Tel. 069 / 25 56 - 16 33