Von B wie Buchenholzschwellen bis T wie Termiten

Holzschutztagung 2017 der Deutschen Bauchemie

 

Rund 80 Experten aus dem Bereich Holzschutz trafen sich Ende November in Göttingen zur Holzschutztagung 2017 der Deutschen Bauchemie. Das breit gefächerte Themenspektrum, das ihnen geboten wurde, reichte von Vorhersagemodellen zur Gebrauchsdauer von Holzbauteilen über die Imprägnierung von Buchenholzschwellen mit potentiellen Kreosot-Alternativen und die Expositionsabschätzung in der Umweltrisikobewertung von Holzschutzmitteln bis hin zu Biologie, Vorkommen und Bekämpfung von Termiten.

Sowohl der traditionell am Beginn der Tagung stehende verbandsinterne Teil, als auch der öffentliche Teil am Nachmittag wurden in diesem Jahr erstmals von Dr. Peter Jüngel (Kurt Obermeier GmbH & Co. KG) moderiert, der seit Mai dieses Jahres als Obmann den Fachausschuss 1 (FA 1) der Deutschen Bauchemie leitet.

Aktive Gremienarbeit zu aktuellen Branchenthemen

Die Themen, mit denen sich der FA 1 im vergangenen Jahr beschäftige, waren, so Dr. Jüngel, von den Themen Biozidrecht und Normung geprägt. Beim Biozidrecht stand dabei die Einstufung des Wirkstoffs Propiconazol im Fokus. Bei der Normung war es die DIN EN 350 zur Klassifizierung der Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten und hier im Besonderen die in der Neufassung der Norm eröffnete Möglichkeit, auch schutzmittelbehandeltes Holz hinsichtlich seiner Dauerhaftigkeit gegen einen Befall durch biologische Holz zerstörende Organismen zu klassifizieren. Hier gelte es, so Jüngel, einen geeigneten Methodikansatz zu entwickeln. Als weiteren Arbeitsschwerpunkt nannte er die Mitarbeit in der nationalen Spiegelgruppe zur europaweiten Beschreibung der besten verfügbaren Technik u. a. bei holzschutzmittelverarbeitenden Unternehmen (BVT/BREF STS). Die Expertengruppe wird vom Umweltbundesamt geleitet. In einem eigenen Beitrag berichtete Dr. Stefan Nave (Lanxess Deutschland GmbH) detailliert über den Stand der harmonisierten Einstufung von Propiconazol – einem Schlüsselwirkstoff in Holzschutzmitteln – und dessen potentieller Auswirkungen auf die Produktzulassungen nach Biozidrecht. Sollte es zu der drohenden Einstufung kommen, ist ein Engpass bei Schutzmitteln für nicht-berufsmäßige Verwender vorhersehbar, da die Entwicklung und Zulassung von Produkten mit einem alternativen Wirkstoff bis Mitte 2019 nicht möglich und zudem die Verfügbarkeit adäquater Wirkstoffe begrenzt ist.

Neue Folienserie Holzschutz jetzt als PowerPoint-Präsentation erhältlich

Vom erfolgreichen Abschluss eines zentralen Projekts des FA 1 konnte Dr. Peter Reißer von der Deutschen Bauchemie berichten. Die bereits auf der letztjährigen Holzschutztagung in Ausschnitten vorgestellte "Folienserie Holzschutz" ist mittlerweile nicht nur inhaltlich erarbeitet, sondern auch technisch als PowerPoint-Präsentation umgesetzt worden. Neben einer schreibgeschützten Version und als PDF-Datei für die Fachöffentlichkeit, wird sie in einer offen nutzbaren Fassung exklusiv Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie zur Verfügung gestellt werden. Unter dem Titel „Grundlagen und vertiefende Informationen zum Holzschutz und zur sachgerechten Anwendung von Holzschutzmitteln für Schulung, Vorträge und Praxis“ handelt es sich bei diesem Projekt um die Weiterentwicklung der erfolgreichen CD „Folienserie Holzschutz“. Auf über 70 Folien wird hier in acht Blöcken ein Themenspektrum aufbereitet, das vom Holz, seinen Eigenschaften und Schädlingen über Holzschutz und Holzschutzmitteln, deren Einteilung und Einsatzmöglichkeiten bis hin zu Fragen des Baurechts und Qualitätssicherungssystemen in Europa reicht. Ergänzend dazu soll zu einem späteren Zeitpunkt ein elektronisches Begleitheft zur Erläuterung der Einzelfolien bzw. Themenblöcke angeboten werden.

Thematisch breit gefächerter öffentlicher Teil

Am Beginn des fachöffentlichen Teils der diesjährigen Holzschutztagung stand die "Vorhersage der Gebrauchsdauer von Holzbauteilen – der aktuelle Erfahrungsstand". PD Dr. habil. Christian Brischke von der Universität Göttingen machte dabei zunächst deutlich, dass die Dauerhaftigkeit eines Holzbauteils vom Zusammenspiel zwischen seiner Exposition und der Resistenz bestimmt wird. Im Fokus seiner Betrachtungen stand ein dreistufiger Ansatz bei der Gebrauchsdauer-Modellierung, bestehend aus einem Expositions-, einem Abbau- sowie einem Resistenz-Modell. Ein wichtiger Ausgangspunkt sind dabei Klimadatenreihen sowie Holzfeuchte-Zeitreihen in unterschiedlichen Konstruktionsdetails. Am Ende der von ihm skizzierten Modellberechnungen steht ein so genannter „design guidance“, also konkrete und verhältnismäßig einfache Konstruktionsrichtlinien für bestimmte Holzbauteile, die auf einer Vielzahl unterschiedlichster, sehr komplexer Parameter basieren.

Besonders hohe Anforderungen werden an die im Schienenbau eingesetzten Bahnschwellen aus Holz gestellt. Dr. Antje Gellerich von der Universität Göttingen und Dr. Martin Weigl von der Holzforschung Austria in Wien erläuterten in ihrem "Tandem-Vortrag" die aktuellen Ergebnisse von Forschungsprojekten zur "Imprägnierung von Buchenholz mit potentiellen Kreosot-Alternativen". Dabei machten sie deutlich, dass die Anforderungen an alternative Produkte zu einem „Produkt mit Langzeiterfahrung“, wie es Kreosot darstellt, sehr hoch sind. Diese betreffen aber nicht nur die Produktlebensdauer, sondern auch viele weitere Faktoren – von der Umweltverträglichkeit, der Auswaschbeständigkeit oder den Nachweis der biologischen Wirksamkeit bis hin zur elektrischen Leitfähigkeit und Korrosionsbeständigkeit. Zudem gilt es, sowohl bei der Verwendung von alternativen öligen Holzschutzmitteln, die Frau Gellerich vorstellte, als auch bei wasserbasierten, wie etwa Kupfer-Amin basierten Holzschutzmitteln, über die Herr Weigl referierte, über einen optimierten Imprägnierprozess, ein gleichmäßiges und hohes Eindringvermögen des Schutzmittels zu erreichen. Die von den beiden Referenten präsentierten Forschungsergebnisse zeigen dabei sowohl bei den öligen wie auch den wässrigen Kreosot-Alternativen in eine positive Richtung, so dass es "Licht am Ende des Schwellentunnels" gibt.

Mit der "Expositionsabschätzung in der Umweltrisikobewertung" bot Dr. Maren Ahting vom Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau eine Übersicht zu den Bewertungsgrundlagen zur Ermittlung des Umweltrisikos von Holzschutzmitteln im Rahmen einer Zulassung nach Biozidrecht. Die Umweltbewertung erfasst hierbei sämtliche möglichen Expositionspfade, angefangen bei der Anwendung des Schutzmittels über die Lagerung des behandelten Holzes bis hin zum Gebrauch des geschützten Holzes. Hinzu kommen noch weitere spezielle Aspekte für bestimmte Verwendungen. Zugrunde gelegt werden hierbei verschiedene Expositionsszenarien, die von der Referentin vorgestellt wurden. Eine Zulassung für ein Schutzmittel kann nur dann erteilt werden, wenn die Bewertung kein unannehmbares Risiko für die beantragte Verwendung ergibt. Häufig müssen hierbei Risikominderungsmaßnahmen ergriffen werden, wobei – das machte sie am Beispiel der Verwendung eines witterungsbeständigen Schutzanstrichs (Top Coat) deutlich, diese durch eine geeignete Leachingstudie belegt werden müssen. Am Ende ihres Vortrages ging Frau Ahting noch auf zusätzliche Aspekte ein, wie die Bewertung der Mischungstoxizität, auf das Konzept der vergleichenden Bewertung, auf das Instrument der Biozidproduktfamilie und auf ein allen zur Verfügung stehendes Hilfsmittel (ECHA Excel-Tool).

Abgerundet wurde der abwechslungsreiche Vortragsteil durch einen wissenschaftlich fundierten, zugleich aber auch sehr unterhaltsamen Blick auf "Termiten – Biologie, Vorkommen und Bekämpfung", den Dr. Rüdiger Plarre von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin vornahm. Er stellte die verschiedenen Entwicklungsstufen dieser staatenbildenden Insekten vor und zeigte, dass die Kastenbildung nicht nur eine effiziente Arbeitsteilung ermöglicht, sondern, dass damit auch eine ausgeklügelte Überlebensstrategie verknüpft ist. Durch den enormen Stoffumsatz, den individuenreiche Kolonien leisten, spielen Termiten eine wichtige Rolle beim Abbau von Totholz. Da allerdings von den Termiten zwischen natürlichem Totholz und hölzernen Bauten von Menschenhand nicht unterschieden wird, können einige Arten lokal wirtschaftlich enorme Schäden verursachen. Zudem hat der globale Handel mit Holz dazu beigetragen, dass einige Termitenarten eine weltweite Verbreitung erfahren haben. Auch in Deutschland gibt es Beispiele für Termitenbefall. Allerdings, so Plarre, ist hierzulande die Gefahr, dass Termiten ein regelmäßiger Bestandteil der Fauna werden, in naher Zukunft und trotz Klimawandels nicht zwingend zu erwarten. Denn es sind nicht die Jahresmitteltemperaturen, sondern die für Termiten extremen Minusgrade mit Bodenfrost im Winter, die hierzulande eine großflächige Verbreitung verhindern. An Beispielen zeigte er die Herangehensweise auf, wie in Befallsgebieten sowohl ein vorbeugender Schutz als auch Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Ersteres erfordert gut durchdachte, an die Lebensweise der Termiten angepasste Lösungen, letzteres ist oft langwierig und erfordert Geduld.


Bildtext Holzschutztagung 1
Referenten und Gastgeber der Holzschutztagung 2017 (von rechts):
Dr. Stefan Nave, Dr. Rüdiger Plarre, Dr. Peter Jüngel, Dipl.-Ing. Norbert Schröter, Dr. Antje Gellerich, Dr. Maren Ahting, Dr. Martin Weigl, Dr. Christian Brischke und Dr. Peter Reißer.

Bildtext Holzschutztagung 2
Rund 80 Experten aus Industrie und Gewerbe, Behörden und Wissenschaft trafen sich in Göttingen zur Holzschutztagung 2017.

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Fotos: Deutsche Bauchemie

 

Die Deutsche Bauchemie repräsentiert als Industrieverband die gesamte bauchemische Branche in Deutschland. Das Spektrum der derzeit rund 130 Mitgliedsunternehmen reicht vom kleinen und mittelständischen Spezialbetrieb bis zum weltweit operierenden Konzern. Mit rund 8,2 Milliarden Euro Jahresumsatz und rund 32.000 Mitarbeitern erwirtschaften diese Unternehmen die Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa ein Viertel des Weltmarktes. Unter dem Dach des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) vertritt die Deutsche Bauchemie die Interessen Ihrer Mitgliedsfirmen, inklusive der deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne, gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien.

 



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