Bei seinem Bericht zur Gremienarbeit des Verbandes stellte Dr. Peter Jüngel, Obmann des Fachausschusses 1 (FA 1) der Deutschen Bauchemie, mit den Stichworten Öffentlichkeitarbeit, Biozidrecht, Altholzverordnung, Normung und BREF, also der europäischen Festschreibung der besten verfügbaren Technik (BVT) bei holzschutzmittelverarbeitenden Unternehmen, die zentralen Themen vor, welche die Gremienarbeit des Verbands im vergangenen Jahr geprägt haben.
Aktive Gremienarbeit zu aktuellen Branchenthemen
Ausführlich ging Jüngel auf die Normung ein, speziell auf die Dauerhaftigkeitsklassifizierung von Holz und Holzprodukten nach DIN EN 350. Diese europäische Norm bietet die Möglichkeit die Dauerhaftigkeit auch für Holzprodukte, wie schutzmittelbehandeltes Holz, gegen biologischen Angriff zu prüfen und zu klassifizieren. Allerdings „gibt es bis heute noch keine brauchbare Methodik für mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz – insbesondere zur Probenahme/-auswahl“, so Jüngel. Detailliert zeigt er dabei die Problemstellungen bei bestehenden Prüfverfahren auf und stellte einen Prüfvorschlag des FA1 vor. Da für dieses Themenfeld mittlerweile auf Initiative des IHD und der Uni Göttingen das Projekt „DURATEST“ initiiert wurde, wird der FA1 seine Expertise im Rahmen dieses Projektes einbringen. Bei dem Thema BVT/BREF verwies Jüngel auf die Mitarbeit des Verbands in der nationalen Expertengruppe unter Leitung des UBA. Sein Blick auf den aktuellen Stand der Arbeiten inklusive Erläuterungen zu einem vorliegenden Hintergrundpapier zeigten auf, dass auch hier wie so oft „der Teufel im Detail steckt“ – mit teilweise gravierenden Folgen. So dürfte nach der aktuellen Entwurfsfassung beispielsweise die Lagerung von jeglichem schutzmittelbehandeltem Holz nur noch auf „undurchlässigen“, also komplett versiegelten, Oberflächen erfolgen.
In einem gesonderten Beitrag innerhalb des verbandsinternen Teils berichtete Dr. Thomas Rauch vom Industrieverband Hygiene und Oberflächenschutz (IHO), Frankfurt, über eine derzeit laufende Initiative zum Thema „Expositionsbewertung beim Verschäumen und Versprühen“. Entstanden ist diese, weil die Praxiserfahrung der IHO Firmen zwar einerseits ein deutlich verringertes Risiko beim Schäumen vermuten lässt, andererseits hierzu jedoch keine belastbaren Daten vorliegen. Daher wurde vom IHO das Projekt in Kooperation mit der BG Bau ins Leben gerufen. Ziel ist die Erarbeitung wichtiger Expositionsdaten für den Arbeitsschutz sowie das Etablieren sicherer Anwendungsempfehlungen im Umgang mit Biozidprodukten. Erste positive Ergebnisse aus verschiedenen, in landwirtschaftlichen Betrieben durchgeführten Praxisversuchen konnte der Referent bereits vorstellen. Gleichzeitig unterstützt der IHO ein von der BAuA in Auftrag gegebenes Forschungsprojekt des Fraunhofer Instituts, das experimentell die Unterschiede im Inhalationsverhalten beim Schäumen und Versprühen von Biozidprodukten ermittelt. Hier ist der Ansatz, belastbare Daten für Minderungsfaktoren beim Verschäumen zu erhalten, die bei der gesundheitlichen Bewertung im Rahmen der Biozidproduktzulassung Eingang finden.
Zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit
Über die Ergebnisse zweier im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit angesiedelten und vom FA 1 eingerichteten Projektgruppen konnte Dr. Peter Reißer von der Deutschen Bauchemie berichten. Zum einen ist dies die seit Dezember 2017 für die Fachöffentlichkeit als PowerPoint-Präsentation verfügbare „Folienserie Holzschutz“. Sie vermittelt auf über 70 Folien „Grundlagen und vertiefende Informationen zum Holzschutz und zur sachgerechten Anwendung von Holzschutzmitteln für Schulung, Vorträge und Praxis“. Derzeit noch in Arbeit ist ein elektronisches Begleitheft zur Erläuterung der Einzelfolien bzw. Themenblöcke. Zum anderen erarbeitete die Projektgruppe „Decking/Terrassen aus geschütztem Holz“ in Zusammenarbeit mit einer Agentur einen informativen Internetauftritt zum Thema „Holzterrassen“. Zielgruppen sind all diejenigen, die eine Terrasse planen und bauen wollen, um diese für eine Ausführung mit dem Baumaterial Holz und dabei insbesondere für die Verwendung geschützten Holzes zu gewinnen.
Interessanter und thematisch breit gefächerter (fach)öffentlicher Teil
Im ersten Vortrag des fachöffentlichen Teils der diesjährigen Holzschutztagung beantwortete Dr. Rolf Rose von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dortmund, die Frage: „Verlängerung von Zulassungen für Holzschutzmittel – was ist zu berücksichtigen?“. Wichtig zu wissen ist, so der Referent, dass die Anträge auf Verlängerung der Zulassung eines Holzschutzmittels vor der Wiedergenehmigung der Wirkstoffe gestellt werden. Hierbei gibt es nach wie vor grundsätzlich immer nur einen bewertenden Mitgliedstaat, der in der Regel auch die Erstbewertung durchgeführt hat. Wichtig bei Produkten mit mehr als einem Wirkstoff ist auch, den Antrag auf Verlängerung der Zulassung rechtzeitig zu stellen; denn nur bei Einreichung 550 Tage vor dem frühesten Ablaufdatum der Wirkstoffe kann garantiert werden, dass die Verkehrsfähigkeit der Produkte ununterbrochen erhalten bleibt. Im zweiten Teil seines Referats beschäftige sich Dr. Rose mit der vergleichenden Bewertung von Biozidprodukten. Die rechtlichen, in der Biozidverordnung verankerten Grundlagen sehen hier vor, dass im Rahmen des Zulassungsverfahrens ein Biozidprodukt, das zu ersetzende Wirkstoffe enthält, verboten oder seine Verwendung eingeschränkt werden soll, wenn nachgewiesen ist, dass andere zugelassene Biozidprodukte ein deutlich geringeres Gesamtrisiko aufweisen oder nicht-chemische Bekämpfungs- oder Präventionsmethoden verfügbar sind. Allerdings darf das Alternativprodukt für keinen Bereich signifikant schlechter sein als das zuzulassende Biozidprodukt, keine signifikanten ökonomischen oder praktischen Nachteile aufweisen und die Wirksamkeit der nicht-chemischen Alternativen muss belegt sein.
Weniger die Holzschutzmittel, als vielmehr der Werkstoff Holz stand im Fokus der Ausführungen von Dr. Anna Braune. Die Leiterin von Forschung und Entwicklung bei der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) stellt dabei die Frage nach der „Rolle von Holz & Co. in der Nachhaltigkeitszertifizierung“. Für sie ist das DGNB System ein“ Planungs- und Optimierungstool für alle am Bau Beteiligten“. Trotz des ganzheitlichen Ansatzes leisten letztlich aber stets die Bauprodukte den entscheidenden Beitrag für die Nachhaltigkeit von Gebäuden. In Richtung Holz verwies die Referentin darauf, dass der Holzbau einen um die Hälfte geringeren CO2-Fußabdruck hat und somit die Emissionen reduziert. Zudem unterstützt die nachhaltige Nutzung von Holz die Biodiversität, reduziert Umweltbelastungen und fördert ethische Standards in weniger privilegierten Regionen. Und last but not least lässt sich Holzbau durch Vorfabrikation schnell, häufig kostengünstiger und mit geringer Konstruktionsfläche realisieren. Da für die DGNB-Zertifizierung stets Produktkennwerte benötigt werden, empfiehlt die Referentin, diese Zertifizierungskriterien bereits in der Produktentwicklung anzuwenden. Kritische Nachfragen zeigten allerdings auch, dass die von der DGNB verwendeten Nachhaltigkeitskriterien die Verlängerung der Lebensdauer eines Gebäudes nicht erfassen, wie sie z. B. durch die Verwendung von schutzmittelbehandelten heimischen Nadelholz möglich ist.
Was aber passiert, wenn der Werkstoff Holz am Ende seines Lebenszyklus angekommen ist? Diesen Aspekt griff Sigrid Hams vom IWARU - Institut für Wasser Ressourcen Umwelt, Münster, auf. In ihrem Vortrag zu „Stand und Perspektive der Altholzaufbereitung und -verwertung“ warf sie zunächst einen Blick auf die einzelnen Altholzkategorien und beschrieb das Holzabfallaufkommen nach Herkunftsbereichen sowie die verschiedenen Verwertungswege. Perspektivisch betrachtet, sind neben den sich zwischenzeitlich geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen insbesondere die Praxiserfahrungen mit der aktuellen Altholzverordnung zu berücksichtigen, darunter auch eine genauere Abgrenzung und Definition schutzmittelbehandelter Althölzer. Aber auch die Entwicklungen auf dem Gebiet der Sortiertechnik, der Probenahme und Analytik sowie neue Holzprodukte werden Auswirkungen auf die Altholzverordnung und somit auf die Altholzaufbereitung und -verwertung haben. Am Ende ihres Vortrags blickte Sigrid Harms auf verschiedene aktuelle Projekte zur Altholzaufbereitung und -verwertung. Dazu zählen u. a. eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Studie zur zukünftige Entwicklung EEG-geförderter Altholzanlagen in Deutschland (Altholz im Strom- und Wärmesektor) oder die Erstellung einer wissenschaftlichen Empfehlung zur prozessbegleitenden Probenahme und Analytik von Altholz und nicht zuletzt das UBA-Projekt „Evaluierung der Altholzverordnung im Hinblick auf eine notwendige Novellierung“, mit dessen Abschluss im Frühsommer 2019 gerechnet wird.
Im abschließenden Vortrag ging Franziska Reuß vom Regierungspräsidium Freiburg wieder einige Schritte in der Wertschöpfungskette zurück, indem sie die „Anforderungen an die Holzimprägnierung – neue Entwicklungen im Bundes- und EU-Recht“ betrachtete. Grundlage hierfür ist in erster Linie die Genehmigungserfordernis durch die europäische Industrieemissions-Richtlinie (IE-Richtlinie), die alle Betreiber von größeren technischen Anlagen betrifft, darunter auch Holzimprägnierbetriebe mit einer Produktionskapazität größer 75 m³ pro Tag, und in der gesamten EU ein hohes Schutzniveau für Gesundheit und Umwelt sicherstellen soll. Gerade auf die Randbedingungen zur Festlegung der Produktionskapazität als Schlüsselgröße für Betriebsgenehmigungen ging die Referentin näher ein. Aus Sicht der Genehmigungsbehörde berichtete sie über die Erfahrungen mit Genehmigungsanzeigen aufgrund der IE-Richtlinie und trat dabei den Befürchtungen bei den Betreibern von Imprägnieranlagen entgegen, nämlich, dass das Genehmigungsverfahren mit viel Bürokratie sowie Geld- und Zeitaufwand verbunden ist. Bei einem Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist ihrer Erfahrungen nach eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung in Abhängigkeit von der Standortsituation empfehlenswert. Zudem sollte die Erstellung des Genehmigungsantrags von einem erfahrenen Büro erfolgen. Abgerundet wurde der Vortrag durch einen Blick auf den Stand des BVT-Prozesses. Die in diesem Zusammenhang veröffentlichten Schlussfolgerungen bilden die Rechtsgrundlage für die Betriebsgenehmigungen, wobei angestrebt wird, diese in sektorale nationale Verwaltungsvorschriften wie die TA Luft und Anhänge der Abwasservorschriften zu integrieren. In ihren Ausführungen ging Franziska Reuß auch auf die Anforderungen ein, die sich aus der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sowie der neuen Störfall-Verordnung ergeben.
Bildtext:
Referenten und Gastgeber der Holzschutztagung 2018 (von links):
Norbert Schröter, Dr. Peter Jüngel, Dr. Anna Braune, Sigrid Hams, Dr. Rolf Rose, Franziska Reuß und Dr. Peter Reißer.
Fotos: Deutsche Bauchemie
Die Deutsche Bauchemie repräsentiert als Industrieverband die gesamte bauchemische Branche in Deutschland. Das Spektrum der derzeit rund 130 Mitgliedsunternehmen reicht vom kleinen und mittelständischen Spezialbetrieb bis zum weltweit operierenden Konzern. Mit rund 8,5 Milliarden Euro Jahresumsatz und rund 32.000 Mitarbeitern erwirtschaften diese Unternehmen die Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa ein Viertel des Weltmarktes. Unter dem Dach des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) vertritt die Deutsche Bauchemie die Interessen Ihrer Mitgliedsfirmen, inklusive der deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne, gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien.