Drei große Hersteller von Instandhaltungsprodukten für Stahlbeton haben die Normenkontrollverfahren in Bayern und Nordrhein-Westfalen im Oktober 2021 eingeleitet. Sie machen geltend, dass die beiden Regelwerke eine Vielzahl von rechtswidrigen nationalen Anforderungen für harmonisierte Bauprodukte enthalten. Dies verstößt gegen die europäische Bauproduktenverordnung. Die Europäische Kommission hatte bereits 2020 die Unvereinbarkeit der TR Instandhaltung mit Unionsrecht bemängelt und Deutschland zu einer Anpassung aufgefordert. Dem ist Deutschland jedoch nicht nachgekommen. Stattdessen sollen die in der harmonisierten EN 1504 genormten Instandsetzungsprodukte in der TR Instandhaltung zusätzlich einem von den europäischen Regeln abgekoppelten, weitreichenden nationalen Prüf- und Überwachungsregime unterworfen werden.
In ihrer aktuellen Stellungnahme bestätigt die Europäische Kommission nun ein weiteres Mal ausdrücklich, dass die TR Instandhaltung zusätzliche Anforderungen an CE-Kennzeichnungsprodukte festlegt, „was gegen die Vollständigkeit der BauPVO in der Auslegung durch den EuGH verstößt.“ Sie ergänzt zu den beiden Normenkontrollverfahren in Bayern und NRW: „Daher begrüßen die Kommissionsdienststellen die Einleitung von Verfahren vor nationalen Gerichten in Bayern (2 N 21.2595) und Nordrhein-Westfalen (10 D 355/21.NE), wo die Bauprodukteverordnung in der Auslegung durch den EuGH unmittelbar anwendbar ist.“
Beschwerdeverfahren laufen parallel weiter
Bereits vor Einleitung der Normenkontrollverfahren hatten dreizehn Hersteller bei der Europäischen Kommission eine formale Beschwerde gegen die TR Instandhaltung erhoben und ihr die Nachweise übermittelt, aus denen der grundsätzliche und systematische Verstoß der TR Instandhaltung und der Instandsetzungs-Richtlinie gegen die BauPVO folgt. Hierauf hat sich die Europäische Kommission nun zu den Normenkontrollverfahren positioniert. Die Beschwerdeverfahren laufen auf europäischer Ebene parallel zu den Normenkontrollverfahren weiter.
Bayern hat bereits reagiert
Zudem gibt es bereits einen ersten Teilerfolg des Normenkontrollantrags in Bayern: Nach Einreichung des Antrags hat Bayern den Verweis aus seinen Technischen Baubestimmungen auf die rechtswidrigen Regelwerke eingeschränkt, so dass die Instandsetzungs-Richtlinie keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr haben soll. Die von der Kommission als rechtswidrig eingeordnete TR Instandhaltung, die weitergelten soll, bleibt Gegenstand des Normenkontrollverfahrens.
Rechtsanwalt Dr. Held von der auf Europarecht spezialisierten Kanzlei held jaguttis weist zudem darauf hin, dass nach dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nun auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geurteilt hat, dass nationale Produktanforderungen in den Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen (VV TB) der Länder, die sich nicht an die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage halten, rechtswidrig und unwirksam sind. „Damit können wir für unsere Normenkontrollverfahren in Bayern und NRW nicht nur EuGH und EuG sowie die Europäische Kommission anführen, sondern zusätzlich auch die Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshöfe von Baden-Württemberg und Bayern.“
Das Ziel lautet: Rechtssicherheit
Hierzu ergänzt Dipl.-Ing. Norbert Schröter, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Bauchemie e.V.: „Wir haben nun alle erforderlichen Schritte für einen erfolgreichen Abschluss der Normenkontrollverfahren eingeleitet. Jetzt können die höchsten Gerichte der Länder die jahrelangen Auseinandersetzungen um die technischen Regeln für Betoninstandhaltung in Deutschland klären und für Rechtssicherheit sorgen.“
Bild: Deutsche Bauchemie
Die Deutsche Bauchemie vertritt seit über 70 Jahren die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien. Der Industrieverband gehört als Fachorganisation zum Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die mehr als 130 Mitgliedsunternehmen erwirtschafteten 2021 mit rund 32.000 Beschäftigten einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro. Das entspricht der Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa einem Viertel des Weltmarktes.