Holzschutz­tagung 2023
Geschütztes Holz als wichtiger Beitrag zum nachhaltigen Bauen

Pressemeldungen

Ende November 2023 lud die Deutsche Bauchemie zu ihrer traditionellen Holzschutztagung nach Erfurt ein. Den rund 70 Teilnehmern aus Industrie und Gewerbe, Behörden und Wissenschaft wurde ein dichtgepacktes und abwechslungsreiches Vortragsprogramm geboten, in dem das Thema Nachhaltigkeit im Fokus stand ‒ vom heimischen Holz als nachwachsender Rohstoff über den Einsatz von Holzschutzmitteln zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Holzbauteilen bis hin zu den baurechtlichen Anforderungen und Regelungen. Abgerundet wurde das Programm durch einen Vortrag, der der Frage nach dem evolutionsbiologischen Ursprung von Holz-, Material- und Vorratsschädlingen und deren vermeintlichen Anpassung an den synanthropen Lebensraum nachging. Den fachöffentlichen Vorträgen ging wie gewohnt ein verbandsinterner Teil mit den Berichten aus der Geschäftsstelle, den Holzschutzverbandsgremien und einem Gastbeitrag zu einem Forschungsprojekt voraus.

Zu Beginn der Veranstaltung warf Ina Hundhausen, Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Bauchemie, einen Blick auf die aktuelle Verbandsarbeit. Eine Arbeit, die sich - vor allem mit Blick auf den European Green Deal - „in bewegten, grünen, regulierten Zeiten“ abspielt und in denen es auf Verbandsseite zahlreiche herausfordernde Themen zu bearbeiten gilt. Dies schlägt sich nicht zuletzt in zahlreichen Positionspapieren und Veröffentlichungen des Verbandes nieder - wie beispielsweise zum Bauprodukte- oder Chemikalienrecht. Ina Hundhausen schloss ihre Ausführungen mit dem Ausblick auf eine positive Entwicklung der Holzschutzbranche: Dies ist zum einen die Tatsache, dass Holzschutzmittel die Ressource Wald entlasten, indem sie signifikant die Gebrauchsdauer von Holzbauteilen erhöhen. Zum anderen können Holzschutzmittel bei der industriellen Fertigung und modularen Holzbau einen Beitrag zur geforderten CO2-Einsparung leisten. Abgerundet wurde der Bericht aus der Geschäftsstelle von Dr. Peter Reißer, der die Aktivitäten des Verbands im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit vorstellte.

Aktuelles aus der umfangreichen Gremienarbeit des Verbands

Über die verbandsinterne Gremienarbeit der in der Deutschen Bauchemie organisierten Holzschutzmittelhersteller informierte Dr. Jörg Habicht von der Wolman Wood and Fire Protection GmbH. Er ist seit Mai dieses Jahres Obmann des Fachausschusses 1 (FA 1) der Deutschen Bauchemie und damit Nachfolger von Dr. Peter Jüngel von derKurt Obermeier GmbH, der dieses Amt die letzten sechs Jahre ausübte. Wie Dr. Jörg Habicht in seinem Bericht zeigte, waren es einmal mehr die ständig präsenten Themen wie das Biozidrecht oder die nationale und internationale Normung, an denen der FA 1 aktiv in verschiedenen Gremien und Expertengruppen mitwirkt. Mit Blick auf die Verordnung über die Meldung und die Abgabe von Biozid-Produkten stellte er mit Bedauern fest, dass hier die vom Verband vorgetragenen Kritikpunkte vom BMUV abgeblockt worden sind und die Bedenken der Länder sich lediglich in einer Bundesratsentschließung wiederfinden. Jörg Habicht ging auch auf die Änderung der Gefahrstoffverordnung ein, demnach ab 28.07.2025 bei der Verwendung bestimmter Biozidprodukte Sachkunde nachgewiesen werden muss. Die Grundlagen für die Sachkunde soll eine sich gerade in Bearbeitung befindliche TRGS Biozide klären. Im Folgenden ging Herr Habicht auf weitere beherrschende Themen des FA 1 ein, wie die Dauerhaftigkeitsklassifizierung geschützten Holzes nach EN 350 vor dem Hintergrund der Ergebnisse des mittlerweile abgeschlossenen Forschungsprojektes DURATEST und der anstehenden Änderung der CWFT (classified without further testing)-Entscheidung der Europäischen Kommission zur Klassifizierung des Brandverhaltens behandelter Holzbauteile für Außenwand- und Deckenbekleidungen.

Aufgrund der zunehmend schwieriger werdenden Verfügbarkeit von Referenzschutzmitteln auf CCA-Basis (Chrom-Kupfer-Arsen) für Wirksamkeitsprüfungen bei Freilandprüfungen werden in aktuell laufenden Forschungsprojekten geeignete Substitutionspräparate wie Kupferoctanoat getestet. Der Fachausschuss 1 beteiligt sich hierbei an den Ringversuchen. Nähere Ausführungen zu diesen laufenden Forschungsprojekten gab Andreas Wilfried Christof vom Dänischen Technologischen Institut (DTI). Der Gastredner stellt dabei mit ”Cuprinol Tryck und der Sandwich-Methode” Alternativen für Freilandtests vor. Beim Vergleich ”Sandwich-Methode vs. Lap-Joint” konnte der Referent zeigen, dass die Sandwich-Methode dank ihrer Vorzüge momentan dabei ist, ein offizieller AWPA- und EU-Standard zu werden.

In einem weiteren Kurzbeitrag stellte Dr. Anette Rose von der Kurt Obermeier GmbH gemeinsam mit Dr. Jörg Habicht den Anfang 2023 erfolgten „Neustart des europäischen Holzschutzmittelverbandes EWPM“ vor. Die Themen werden in verschiedenen Arbeitsgruppen bearbeitet, wobei der Schwerpunkt auf der aktiven Begleitung und Umsetzung der Biozidprodukteverordnung (BPR) ausgerichtet ist, ohne die parallele Gesetzgebung im Chemikalienrecht zu vernachlässigen. Angestrebt wird hierbei auch die Entwicklung einer gemeinsamen Industrieposition zu verschiedenen Aspekten des European Green Deal. Auf politischer Ebene arbeitet EWPM eng mit dem europäischen Imprägnierverband (WEI) zusammen und erhält hierbei Unterstützung durch ein auf Advocacy spezialisiertes Consultingunternehmen. Wichtige Ziele sind dabei, imprägniertes Holz als strategischen Wegbereiter zur Erreichung der Dekarbonisierung und für nachhaltiges Wachstum zu stärken sowie die Politik früh auf Risiken und unerwünschte Nebenwirkungen für die Branche aufgrund neuer Gesetzesinitiativen im Rahmen des EU Green Deals aufmerksam machen.

Vom Wald bis zum Bauwerk: „Nachhaltigkeit“ ist das beherrschende Thema unserer Zeit

Das Thema „Nachhaltigkeit“ dominierte in diesem Jahr nahezu den gesamten fachöffentlichen Teil der Erfurter Holzschutztagung. Dabei ging Dr.Ulrich Hundhausen vom Norwegian Institut of Wood Technology zunächst der Frage nach: „Ökologisch oder nicht? Die schwierige Bewertung von Holzprodukten für den Außenbereich in Lebenszyklusanalysen“. Der per Videochat aus Oslo zugeschaltete Referent zeigte, dass die Nutzungs- bzw. Gebrauchsdauer sowohl einen großen Einfluss auf die ökologische Bewertung mittels einer Lebenszyklusanalyse (LCA) bzw. Umwelt-Produktdeklaration (EPD), als auch auf die ökonomische Bewertung auf Basis einer Lebenszykluskostenrechnung (LCC) hat. Er machte deutlich, dass die präzise Vorhersage der Nutzungsdauer äußerst komplex ist ‒ hier kann eigens dafür entwickelte Software helfen ‒, die tatsächliche Nutzungsdauer einzelner Elemente aber deutlich von der abgeschätzten Nutzungsdauer abweichen kann. Beim Vergleich unterschiedlicher Holzterrassenbeläge hinsichtlich ihres CO2-Fußabdrucks zeigt sich, dass Wartungsintervalle und die Nutzungsdauer einen großen Einfluss auf die Ökobilanzierung nehmen. Grundsätzlich schneidet imprägniertes europäisches Nadelholz in diesen Vergleichen aber sehr gut ab. Am Ende seiner Ausführungen unterstreicht Dr. Hundhausen, dass für aussagekräftige Aussagen zur LCA und LCC zuverlässige Daten zur Nutzungsdauer vorliegen müssen.

Der zweite Vortrag griff einen weiteren Aspekt des Themas „Nachhaltigkeit“ auf. „Holzschutzmittel entlasten die Ressource Wald - ein Beispiel zur Nachhaltigkeit geschützten Holzes“ ‒ so die These von Dr. Jens Carsten Röder von der Wolman Wood and Fire Protection GmbH. Am Ende seiner Ausführungen stellte er unter anderem fest, dass einheimisches, kesseldruckimprägniertes Holz die beste ökologische und ökonomische Alternative zu Tropenholz ist; denn Wälder sind hervorragende CO2-Speicher und die nachhaltige Nutzung einheimischen Holzes reduziert den Holzeinschlag. Weiter folgert er, dass moderne, nach der BPR-zugelassene Holzschutzmittel für den Anwender und den Verbraucher sicher sind. Allerdings muss auch die Qualität der Holzimprägnierung stimmen; denn nur dauerhaft geschütztes Holz ist auch nachhaltig.

Passend zu den Ausführungen von Dr. Röder zeigte Lars Schmidt von der Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverband e.V. (DeSH) aus Berlin wie es aktuell um den Holzmarkt steht. „Holzmarkt der Zukunft - Chancen und Herausforderungen“ so der Titel seines Beitrags. Mit einer unter dem Motto „Holz rettet Klima“ gestarteten Initiative für aktiven Klimaschutz will der Verband zeigen, dass Holz ein elementarer Baustein für einen aktiven Klimaschutz ist. Aber, so der Referent, der Weg dazu erfordert unter anderem klimastabile, artenreiche Mischwälder mit Nadelholz sowie eine effiziente Holzverwendung. Dazu bedarf es sowohl einer nachhaltigen, naturverträglichen Waldbewirtschaftung, als auch einem Waldumbau sowie einer innovativen Technik und wettbewerbsfähiger Produkte.

Dass zum nachhaltigen Bauen auch normative und rechtliche Regeln gehören - dies verdeutlichte Dipl.-Ing. Brigitte Strathmann vom Deutschen Institut für Bautechnik Berlin (DIBt). Sie stellte „Nachhaltig Bauen im bauordnungsrechtlichen Kontext“ vor. Vor dem Hintergrund, dass im Gebäudebereich enormes Einsparungspotenzial für Treibhausgasemissionen vorhanden ist, liegt es nahe, dass regulatorische Anforderungen zur Nachhaltigkeit von Bauprodukten eingeführt werden. Frau Strathmann warf zuerst eine Blick nach Europa, ging auf die Implementierung der Nachhaltigkeit in der aktuellen Bauproduktenverordnung ein und wie diese in der derzeit sich in der Überarbeitung befindlichen Novelle weiterentwickelt wird. Konkretisiert wird das Thema im Rahmen des CPR-Acquis-Prozesses in einer eigens eingerichteten Subgroup „Environmental Sustainability“. In Deutschland gibt es aktuell noch keine konkreten Anforderungen zur Nachhaltigkeit nach der Musterbauordnung (MBO), allerdings werden derzeit Vorschläge zur Ergänzung der MBO gesammelt und Konzepte erarbeitet. Die Referentin verweist darauf, dass bereits jetzt Normen zur Nachhaltigkeit von Bauprodukten erarbeitet werden können. Beispiel hierfür ist der Einsatz von Recyclat-Gesteinskörnung in Beton.

Im Abschlussvortrag führte Dr. Rüdiger Plarre von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) aus Berlin die Zuhörer weg von aller Tagesaktualität und hin zur Biologie der (Schad)Insekten. Unter dem Titel „Evolutionsbiologischer Ursprung von Holz-, Material- und Vorratsschädlingen sowie ihre vermeintlichen Anpassungen an den synanthropen Lebensraum“ ging er unter anderem der Frage nach, ob die auffälligen Anpassungen von Vorrats- und Materialschädlingen an einen menschennahen Lebensraum das Resultat von Prädispositionen und Selektion hin zu einem Lebensformtyp Lager- oder Materialschädling sind oder ob die synanthropen künstlichen (Öko)Systeme nur als überdimensionierte „natürliche“ Lebensräume fungieren, für deren Erschließung bereits alle Voraussetzungen gegeben waren? Schädlinge wie beispielsweise der Hausbockkäfer, die Kleidermotte oder der Kornkäfer, so machte er deutlich, sind Nahrungsopportunisten, die die ökologische Potenz besitzen, sich in trockenen Substraten zu entwickeln. Sie besiedeln Extremlebensräume, die durch eine geringe Artenzahl und eine hohe Individuenzahl charakterisiert sind. Dennoch sind die vom Menschen geschaffenen Bereiche nicht nur voluminöser, sondern sie unterliegen auch der ständigen Modifikation im Sinne ihrer Erhaltung. Freiablaufende Prozesse einer natürlichen Sukzession oder Konkurrenz um Ressourcen finden in diesen künstlichen Systemen in der Regel nicht statt. Im Gegenteil, der Mensch schafft Bedingungen, biologische Prozesse in diesen Systemen zu unterbinden oder zu verlangsamen, um die langfristige Nutzung von Vorräten oder biogenen Gebrauchsmaterialen zu garantieren. Das menschliche Handeln wird somit zum Selektionsfaktor ‒ so der Referent in seinem kurzweiligen Vortrag.

Fotos: © Deutsche Bauchemie

Die Deutsche Bauchemie vertritt seit 75 Jahren die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien. Der Industrieverband gehört als Fachorganisation zum Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die mehr als 130 Mitgliedsunternehmen erwirtschafteten 2022 mit rund 32.000 Beschäftigten einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro in Europa. Das entspricht der Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa einem Viertel des Weltmarktes.

 


Referenten und Gastgeber der Holzschutztagung 2023 in Erfurt (von links): Lars Schmidt, Dr. Anette Rose, Ina Hundhausen, Andreas Wilfried Christof, Dr. Rüdiger Plarre, Brigitte Strathmann, Dr. Jörg Habicht, Dr. Jens Carsten Röder und Dr. Peter Reißer (nicht auf dem Foto: Dr. Ulrich Hundhausen).

© Deutsche Bauchemie

Rund 70 Teilnehmer aus Industrie und Gewerbe, Behörden und Wissenschaft trafen sich in Erfurt zur Holzschutztagung 2023.

© Deutsche Bauchemie

 


Ansprechpartner

Ina Hundhausen
Hauptgeschäftsführerin

Tel.: 069 / 25 56 - 1318
E-Mail: ina.hundhausen[at]vci.de