Holzschutztagung 2022 der Deutschen Bauchemie: Von der Dauerhaftigkeit von Holzbauteilen bis zum Europäischen Green Deal

Pressemeldungen

Breitgefächertes Themenspektrum rund um den Holzschutz

Nach drei Jahren pandemiebedingter Pause lud die Deutsche Bauchemie Ende November 2022 erstmals wieder zu ihrer traditionellen Holzschutztagung nach Kassel ein. Den rund 70 Teilnehmern bot sich ein abwechslungsreiches Vortragsprogramm, welches von der Vorstellung aktueller Forschungsergebnisse und dem Blick auf neue gesetzliche Regelungen bei der Verwendung von Biozidprodukten bis hin zu den Herausforderungen und Chancen des Europäischen Green Deal reichte. Den fachöffentlichen Vorträgen ging wie gewohnt ein verbandsinterner Teil mit den Berichten der Geschäfts-führung und aus den Holzschutzverbandsgremien voraus.

 

Die verbandsinterne Gremienarbeit der in der Deutschen Bauchemie organisierten Holzschutzmittelhersteller wurde auch in den Corona-Jahren von zahlreichen aktuellen Branchenthemen sowie einer zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit geprägt. Wie Dr. Peter Jüngel, Obmann des Fachausschusses 1 (FA 1) der Deutschen Bauchemie, in seinem Bericht zeigte, waren es nicht nur die ständig präsenten Themen wie das Biozidrecht oder die nationale und internationale Normung, an denen der FA 1 aktiv in verschiedensten Gremien und Expertengruppen mitwirkte. Auf harsche Kritik stößt die nationale Biozidrechts-Durchführungsverordnung, kurz ChemBiozidDV. In zwei Stellungnahmen, die der FA 1 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens abgegeben hat, wurden darin, insbesondere mit Blick auf die ab 2025 greifenden Regeln zum Selbstbedienungsverbot, zu den verpflichtenden Abgabegesprächen und der geforderten Sachkunde des Abgebenden, auf die damit verbundenen unnötigen Belastungen des Handels, eine völlig überzogene Bürokratisierung und den nicht nachvollziehbaren und zweifelhaften Nutzen für den Verbraucher und die Umwelt hingewiesen.

Auch die fachliche Begleitung  von Forschungsprojekten wie „Eurodeck“, „Click Design“ und „Duratest“ durch Holzschutzexperten des FA 1 gehörten zum Aufgabenbereich des Gremiums.

Weiterhin hat sich der FA 1 aktiv eingebracht bei der Kommunikationskampagne des Verbandes zur Unterstützung der Gesetzgebungsprozesse im Rahmen des Green Deal, die Ina Hundhausen, die neue Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Bauchemie, in Kassel vorstellte. Diese Kampagne soll die Aufmerksamkeit auf bauchemische Produkte lenken und insbesondere deren Beitrag zur Nachhaltigkeit aufzeigen. Kernelemente der Kampagne bilden dabei die „Success-Stories“ einzelner Produktgruppen - beispielsweise mit dem zielführenden Titel: „Zeitgemäße Holzschutzmittel entlasten die Ressource Wald“.
 

Aktive Gremienarbeit

In einem Kurzbeitrag „Hohes Schutzniveau oder Überregulierung - Quo Vadis, Propiconazol“ zeigte Dr. Stefan Nave von der LANXESS Deutschland GmbHden derzeitigen Stand zur Wiedergenehmigung des für die Branche wichtigen Wirkstoffs Propiconazol auf. In seinen Ausführungen stellte er auch die Ergebnisse einer von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingeleiteten sozioökonomischen Analyse vor, zu der auch der FA 1 eine Stellungnahme abgegeben hatte. Die Studie zeigt deutlich, dass derzeit keine Alternative zu diesem fungiziden Wirkstoff am Markt verfügbar ist.

Auf politischer Ebene Defizite bei der Zulassung von Holzschutzmitteln aufzeigen und Verbesserungsmöglichkeiten anstreben ‒ dieses Ziel verfolgen die Holzschutzmittelhersteller auch mit einer Gesprächsinitiative. Dr. Jörg Habicht von der Wolman Wood and Fire Protection GmbH aus Sinzheim stellte das Konzept vor, mit der Holzschutzmittelhersteller mit Politikern vor Ort ins Gespräch kommen wollen, um auf ihre Schwierigkeiten beim Zulassungsprozess für ihre Produkte aufmerksam zu machen und Lösungsansätze zu diskutieren. Zur Unterstützung dieser Initiative und Vorbereitung auf diese Gespräche hat eine beim VCI eingerichtete Projektgruppe unter Leitung des Vortragenden nicht nur ein Positionspapier erarbeitet, sondern auch eine Präsentation zusammengestellt. Bereits im Vorfeld dieser Initiative fand bereits ein Informationsaustausch zu diesem Thema mit einer Industriedelegation und Vertretern der EU-Kommission statt. Die Ausführungen des Referenten zu den bisher gesammelten Erfahrungen mündeten unter anderem in dem Appell, die Interessenvertretung stärker zu koordinieren und die Gesprächsinitiative intensiv zu nutzen; denn ‒ so Habicht ‒ „die Holzschutzindustrie muss jetzt agieren, bevor es zu spät ist“.

Zu einer umfassenden Information über alles rund um den Holzschutz soll auch das im vergangenen Jahr erschienene Begleitheft zur „Folienserie Holzschutz“ beitragen. Wie Dr. Peter Reißer von der Deutschen Bauchemie in seinem Bericht zu den Aktivitäten des Verbands im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ausführte, ergänzt dieses von einer Projektgruppe des FA 1 erarbeitete, fast 150 Seiten starke Kompendium die als PowerPoint-Präsentation vorliegende Folienserie zu den „Grundlagen und vertiefende Informationen zum Holzschutz und zur sachgerechten Anwendung von Holzschutzmitteln für Schulung, Vorträge und Praxis“.
 

Breit gefächertes Themenangebot im fachöffentlichen Teil

Mit einem Vortrag zur „Dauerhaftigkeitsprüfung und -klassifizierung von Holzprodukten“ startete der fachöffentliche Teil der diesjährigen Holzschutztagung. Dr. Wolfram Scheiding vom Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) stellte dabei die „Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Projekt „Duratest“ vor. Ausgehend von der DIN EN 350 verfolgt das Projekt das Ziel, Verfahren für die Bestimmung und Klassifizierung der Dauerhaftigkeit von Holz und v. a. Holzprodukten gegen einen Befall durch biologische, holzzerstörende Organismen zu entwickeln. Das Projekt soll Aussagen zur Anwendbarkeit der Methoden zur Probenahme, Prüfung und Klassifizierung über eine Anpassung von Labor- und Freilandprüfverfahren bis hin zur Quantifizierung und statistischen Charakterisierung der Variation der Dauerhaftigkeit ermöglichen. In seinem Vortrag ging der Referent besonders auf die Labor- und Freilandprüfungen zur Dauerhaftigkeit der getesteten Materialien gegen Moderfäule ein. Seinen Schlussfolgerungen war unter anderem zu entnehmen, dass anhand der bisher vorliegenden Prüfergebnisse der Masseverlust zur Bestimmung einer Dauerhaftigkeitsklassifizierung aussagekräftiger ist als das Elastizitätsmodul. Für die Praxis besser geeignet hält Dr. Scheidung, dass anstelle einer Aussage zur „Dauerhaftigkeit“ eines Holzproduktes die „Eignung für eine bestimmte Gebrauchsklasse“ ausgewiesen wird. Auf alle Fälle sollte aus der EN 350 jedoch eindeutiger hervorgehen, dass es sich um eine Materialprüfung handelt.

Mit der praxisbezogenen Klassifizierung von Holzbauteilen für den Außenbereich beschäftigte sich DI Claudia Koch von der Holzforschung Austria in Wien. In ihrem Vortrag mit dem Titel „Allen Anforderungen gewachsen - Holzbeläge im Außenbereich bedarfsgerecht planen und konstruieren“ ging es bei dem von ihr vorgestellten Forschungsprojekt vor allem um das „Füllen von Lücken" und das Konkretisieren von Bewertungskriterien, z. B. hinsichtlich der Holzqualität, der Sortierung, dem Brandschutz oder dem Festigkeitsprofil für tragende Terrassenbeläge. Im Rahmen des Forschungsprojektes „EURODECK“ ist so ein „Anwendungsleitfaden für Holzbeläge im Außenbereich“ entstanden, der unter anderem klare Anforderungen für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle stellt ‑ stets in Abhängigkeit von der Nutzung und der Holzart. Einfach, praxisorientiert und aus der Sicht der Anwender wie Bauherren, Planer und Ausführende nachvollziehbar, soll das Vertrauen in das Produkt erhöht und die Marktposition von Massivholzterrassen gestärkt werden.

Zurück zu den im verbandinternen Teil bereits thematisierten Fragen des Biozidrechts führte der Vortrag von Dr. Michael Roitzsch von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund. Im Fokus seiner Ausführungen zu den „Geänderten gesetzlichen Regelungen für die Verwendung von Biozid-Produkten“ standen unter anderem die mit der Zulassung festgelegten Verwendungsbedingungen und die Verwenderkategorien, die festlegen, welche Personengruppen berechtigt sind, ein bestimmtes Biozidprodukt zu verwenden. Die Verwenderkategorie beschreibt gleichzeitig den Grad der Qualifikation, die für diese Verwendung erforderlich ist. Die zugehörige Verwenderkategorie eines Biozid-Produkts wird im Zulassungsverfahren festgelegt. Anhand der entsprechenden Fundstellen in der Gefahrstoffverordnung erläuterte der Referent die zugehörigen Regelungen. Ausführlich ging er auf die an die Verwendung bestimmter Biozidprodukte geknüpfte Sachkunde und deren Nachweis ein. Er schloss seine Ausführungen mit einem Blick auf die derzeitige Erarbeitung von drei neuen Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) für Biozide.
 

Green Deal: Herausforderung und Chance

Abgerundet wurde der fachöffentliche Teil der Veranstaltung mit dem Vortrag „Der Europäische Green Deal: Herausforderung und Chance“, in dem Martin Glöckner, Geschäftsführer Regulatory Affairs bei der Deutschen Bauchemie, deutlich machte, dass auf die Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie große Herausforderungen zukommen. Herausforderungen, die sich aus den politisch hochambitionierten Zielsetzungen des Green Deals der Europäischen Kommission ableiten lassen, mit dem Anspruch der Bedrohung durch den Klimawandel und der Umweltzerstörung entgegenzutreten. Niederschlagen wird sich dies in einer Reihe neuer oder aktualisierter bestehender gesetzlicher Regelungen. Im Folgenden stellte der Referent die umfangreichen gesetzlichen Initiativen und deren aktuellen Status dar. Neben der Fortentwicklung des Chemikalienrechts, die mit erheblichen Verschärfungen für Chemikalien im Zuge der Überarbeitung des REACH- und CLP-Verordnung einhergeht, hat die Novellierung der Bauproduktenverordnung einen besonderen Stellenwert für den Verband und seine Mitglieder. Den laufenden Gesetzgebungsprozess verfolgt die Deutsche Bauchemie  aktiv und intensiv auf allen politischen Ebenen. Das Fazit von Herrn Glöckner: Der Europäische Green Deal wartet mit deutlich mehr Herausforderungen auf, die vor allem aus den zu erwartenden erheblichen Verschärfungen im Chemikalienrecht und neuen Anforderungen im Produktrecht resultieren.  Neben dem insgesamt chemiekritischen Grundtenor schwächt zudem auch die Revision von Rechtsvorschriften die Rechts- und Planungssicherheit.  Chancen sieht der Referent nur bedingt und in geringem Umfang, etwa bei den Finanzierungs- und Investitionsförderprogrammen für die Entwicklung von sicheren und nachhaltigen Produkten oder der Entwicklung von Methoden und einer Datenbank für Life-Cycle-Assessments (EPD).

 

Fotos: Deutsche Bauchemie e.V.

Bild 1:
Referenten und Gastgeber der Holzschutztagung 2022 (von links): Ina Hundhausen,
Dr. Peter Reißer, Dr. Wolfram Scheiding, DI Claudia Koch, Dr. Michael Roitzsch,
Martin Glöckner und Dr. Peter Jüngel.

Bild 2:
Rund 70 Experten aus Industrie und Gewerbe, Behörden und Wissenschaft trafen sich in Kassel zur Holzschutztagung 2022.

 

 

Die Deutsche Bauchemie vertritt seit 75 Jahren die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber der Fachöffentlichkeit, Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien. Der Industrieverband gehört als Fachorganisation zum Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die mehr als 130 Mitgliedsunternehmen erwirtschafteten 2022 mit rund 32.000 Beschäftigten einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro. Das entspricht der Hälfte des europäischen Marktvolumens und etwa einem Viertel des Weltmarktes.

 

 

 


Bild 1:

Referenten und Gastgeber der Holzschutztagung 2022 (v. l.):

Ina Hundhausen, Dr. Peter Reißer, Dr. Wolfram Scheiding, DI Claudia Koch, Dr. Michael Roitzsch, Martin Glöckner und Dr. Peter Jüngel.

Foto: Deutsche Bauchemie

 

Bild 2:

Rund 70 Experten aus Industrie und Gewerbe, Behörden und Wissenschaft trafen sich in Kassel zur Holzschutztagung 2022.

Foto: Deutsche Bauchemie

 


Ansprechpartner

Ina Hundhausen
Hauptgeschäftsführerin

Tel.: 069 / 25 56 - 1318
E-Mail: ina.hundhausen[at]vci.de