Überarbeitung der EU-Bauproduktenverordnung
Die Deutsche Bauchemie begrüßt die vom Europäischen Parlament und Rat erzielten Verhandlungspositionen und gibt Anregungen für das Abrunden der künftigen Bauproduktenverordnung in den Trilog-Verhandlungen
Das Europäische Parlament und der Rat haben in den vergangenen Monaten den Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung der EU-Bauproduktenverordnung in die richtige Richtung weiterentwickelt. Mit den jeweiligen Verhandlungspositionen wurden eine Reihe von wichtigen Verbesserungsvorschlägen erarbeitet und die Anwendbarkeit des Rechtstextes vereinfacht. Somit besteht große Zuversicht, dass Rat und Parlament nun in den laufenden Trilog-Verhandlungen gemeinsam mit der Europäischen Kommission den letzten Feinschliff anlegen, um mit der resultierenden neuen EU-Bauproduktenverordnung die bestehenden Probleme in der harmonisierten Normung zu lösen, die Digitalisierung voranzutreiben und den Green Deal - Zielen sinnvoll zu dienen.
Vereinfachungen
Die Verhandlungspositionen vom Parlament und Rat gehen in vielen Punkten in die gleiche Richtung. Beide haben erfolgreich den Rechtstext deutlich vereinfacht. Die vom Rat vorgeschlagenen Umstrukturierungen unterstützten diese Maßnahmen.
Stärkung der Normung als primären Ansatz zur Entwicklung von harmonisierten technischen Spezifikationen
Basis für die Lösung der aktuell bestehenden, massiven Probleme im Bereich der harmonisierten Normung soll - gemäß dem Artikel 6a der Parlamentsposition - ein Durchführungsrechtsakt sein, mit dem klare Regelungen, Prozesse, Zuständigkeiten und Fristen für die Erarbeitung von harmonisierten Normen festgelegt werden sollen. Unterstützt wird dies durch die Aufforderung an die Kommission, sich bereits in der Entwicklungsphase an relevanten Normungsprozessen zu beteiligen und Hinweise auf mögliche Nicht-Konformitäten zu geben. Sollte es dazu kommen, dass CEN der Kommission Normen vorlegt, die Nicht-Konformitäten enthalten, sollen diese Normen nicht nur von der Kommission blockiert, sondern die Nicht-Konformitäten benannt und CEN mit der Korrektur beauftragt werden. Weiterhin soll die Kommission - auf Verlangen - CEN dabei unterstützen, eine Stelle einzurichten, die Normen vor der Weitergabe an die Kommission auf Nicht-Konformitäten prüft. Dieses Maßnahmenpaket aus dem Artikel 6a des Parlamentsvorschlages erscheint geeignet, den Normungsprozess effektiv zu verbessern und den Stau an nicht-konformen Normen abzubauen.
Um zur Lösung eines der zentralen Probleme der bisherigen BauPVO beizutragen, ist es daher wichtig den Inhalt des Artikel 6a der Parlamentsposition in den finalen Rechtstext aufzunehmen. Richtigerweise fordert der Rat mit Artikel 4, dass Nicht-Konformitäten, die die Einführung der hEN verhindern, der im Rechtstext verankerten CPR-Acquis Expert Group zu melden sind. Diese Ergänzung des Maßnahmenpakts des Parlaments ist sinnvoll.
Um den bisher häufig sehr langwierigen Normungsprozess zu beschleunigen, sollen den Normungsgremien richtigerweise Fristen zur Umsetzung von Normungsaufträgen vorgegeben werden. Die Parlaments-position sieht eine generelle 2-Jahresfrist, der Rat eine flexible Festlegung von Fristen in jedem Normungsauftrag vor. Da viele Details bereits mit den Normungsaufträgen vorgegeben werden, beschränken sich die Beratungen in den Normungsgremien vor allem auf die Festlegung der Prüfverfahren zu den, im Normungsauftrag festgelegten wesentlichen Merkmalen und auf Bestimmungen zur Anwendung des AVS, so dass der Zeitbedarf für Beratungen geringer sein sollte. Bei der Fristsetzung muss auf die Balance geachtet werden: CEN sollten realistische, nicht zu kurze Fristen gesetzt werden. Ansonsten könnte der Fall eintreten, dass die Kommission regelmäßig die Ermächtigung erhält, harmonisierte technische Spezifikationen per sekundärem Rechtsakt einzuführen, da CEN den gesetzten Zeitrahmen überschritten hat. Gleichzeitig gilt es einen Ansporn zu geben, die Beratungen zeitnah und effizient– im Sinne aller – abzuschließen.
Uneinig sind sich Rat und Parlament über das Verfahren, mit dem harmonisierte Normen eingeführt werden sollen. Das Parlament schlägt, mit der Einführung mittels eines delegierten Rechtsakts, ein formalisiertes Verfahren vor, wohingegen der Rat, mit dem Referenzieren im Amtsblatt der EU, an dem bisherigen Verfahren festhalten möchte.
Festlegung von Kriterien, die sicherstellen, dass die Kommission nur in Ausnahmefällen harmonisierte technische Spezifikationen per sekundärem Rechtsakt einführt
Es werden sowohl vom Rat als auch vom Parlament klare Voraussetzungen festgelegt, mit denen sichergestellt wird, dass die Kommission nur in denjenigen Ausnahmefällen die Ermächtigung erhält, harmonisierte technische Spezifikationen (htS) per sekundärem Rechtsakt einzuführen, in denen klar ist, dass die benötigten htS nicht bzw. nicht zeitgerecht von CEN zur Verfügung gestellt werden.
Der Kriterienkatalog wird in der Ratsposition klar formuliert. Auch das Europäische Parlament führt hier richtigerweise entsprechende Kriterien an. Innerhalb der Parlamentsposition würde mit einem Verweis auf die eindeutig ausformulierten Normungsaufträge anstelle eines Bezugs auf die interpretationsbedürftigen Bauwerksanforderungen mehr Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen. Die Einbindung von CEN und Stakeholdern bei der Entwicklung eines delegierten Rechtsaktes ist der richtige Schritt. Um die relevanten Stakeholder zu adressieren, sollte der Stakeholder-Kreis allerdings nicht auf die von der Union gemäß Normungsverordnung finanzierten Stakeholder eingeschränkt werden. Hinsichtlich der Fristen für CEN wurde oben bereits erwähnt, dass die Festlegung von zu kurzen Fristen zur Folge haben könnte, dass die Kommission regelmäßig die Ermächtigung erhält, htS per sekundärem Rechtsakt einzuführen, was es zu verhindern gilt.
Folgenabschätzung zu Normungsaufträgen, wenn diese Leistungsklassen und/oder Schwellenwerte enthalten
Das Parlament schlägt vor, dass die Kommission für Normungsaufträge, die das Mandat zur Implementier-ung von Leistungsklassen und/oder Schwellenwerten enthalten, eine Folgenabschätzung durchführen muss.
Ein bedachtes Agieren auf Basis der Informationen einer Folgenabschätzung ist bei Normungsaufträgen, die verpflichtende Schwellenwerte beinhalten, angebracht. Da Produkte, die die verpflichtenden Schwellenwerte nicht erfüllen, nicht mehr verkehrsfähig wären. Hier erfolgt ein Markteingriff, dessen Folgen sich die Entscheidungsträger bewusst sein müssen. Klassensysteme, mit nach oben und unten offenen Leistungsklassen, die die Vermarktung von Produkten nicht behindern, sind ein sinnvolles Format zur Deklaration einer Leistung. Für Klassensysteme dieser Art sollte, im Sinne des reibungslosen Funktionierens des harmonisierten Normungssystems, auf eine solche Folgenabschätzung verzichtet werden.
Für bezahlbares, nachhaltiges Bauen wäre es kontraproduktiv, im Bereich der umweltbezogenen Nachhaltigkeit das Erreichen der höchsten beiden Leistungsklassen – wie in der Parlamentsposition vorgesehen - nach einer gewissen Zeit verpflichtend zu machen. Entscheidend ist stets der Beitrag den ein Produkt nach dem Einbau auf Gebäudeebene für die Nachhaltigkeit leisten kann. Deshalb sollte von dieser Regelung auf Produktebene unbedingt abgesehen werden. Sollte sich diese Parlamentsposition dennoch durchsetzen, so ist zumindest eine eingehende Folgenabschätzung vor dem Inkrafttreten der Verpflichtung vorzunehmen.
Einführung eines funktionierenden Prozesses zur Identifizierung und Harmonisierung des Regelungsbedarfs der Mitgliedstaaten
Die vom Rat und dem Europäischen Parlament vorgeschlagenen Prozesse bieten den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ihren Regelungsbedarf für die anstehende Harmonisierung bestimmter Bauprodukte mittels des Notifizierungsverfahren zu melden und verpflichten die Kommission den gemeldeten Regelungsbedarf bei der Entwicklung von htS zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang spielen die CPR-Acquis-Expert-Group und der, durch die Kommission zu erstellende und regelmäßig zu aktualisierende Arbeitsplan eine wichtige Rolle.
Wichtig ist, dass in der CPR-Acquis-Expert-Group nicht nur die Kommission und Mitgliedstaaten, sondern auch weitere betroffene Stakeholder angemessen involviert werden, um deren Expertise und Interessen mit berücksichtigen zu können. Die wohl durchdachten Strukturen und Prozesse werden in der Praxis allerdings nur funktionieren, wenn die Mitgliedstaaten ihren Input fristgerecht und in der vorgesehenen Form einbringen. Die Ratsposition legt nur fest, dass die Mitgliedstaaten ihren Regelungsbedarf gegenüber der Kommission und der CPR-Acquis-Expert-Group melden sollen, versäumt aber eine weitergehende Regelung des Verfahrens. Das Europäische Parlament sieht für die Mitgliedstaaten den Single Digital Gateway – richtigerweise ein konkretes Instrument – vor, um den Regelungsbedarf zu benennen.
Positiv zu bemerken ist, dass die von der Kommission vorgeschlagene Ausnahmeregelung für nationale Maßnahmen innerhalb der harmonisierten Zone vom Rat und Parlament nicht aufgeweicht wurde und man davon ausgehen kann, dass die Ausnahmeregelung wirklich nur in absoluten Ausnahmefällen zur Anwendung kommen wird. Wichtig ist, dass in einem solchen Fall frühzeitig die CPR-Acquis-Expert-Group konsultiert wird und prüft, ob der notifizierte nationale Regelungsbedarf über einen entsprechenden Normungsauftrag direkt in die harmonisierte Zone integriert werden kann, ohne dass die Kommission den Mitgliedstaat per Durchführungsrechtsakt zur nationalen Regelung autorisiert. Keiner der Gesetzgeber stellt die Notwendigkeit der Genehmigung von nationalen Maßnahmen durch die Kommission in Frage. Der Kommission eine Frist zu setzen – wie in der Ratsposition vorgesehen – ist sinnvoll.
Construction Digital Product Passport vs. EU-Bauprodukte-Datenbank: Konzeptionelle Diskrepanzen zur Digitalisierung der Informationen für Abnehmer von Bauprodukten
Hinsichtlich der Digitalisierung relevanter Informationen für die Abnehmer von Bauprodukten sind noch konzeptionelle Differenzen zwischen den Vorschlägen des Rates und des Parlaments zu überbrücken. Die Vorschläge des Parlaments orientieren sich an dem, im Kommissionsvorschlag zur ESPR verankerten, Digital Product Passport (DPP) und erscheinen sinnvoll. Dieser Bezug bietet die Möglichkeit, die unter der ESPR in der Entwicklung befindlichen IT-Grundsätze (DPP system) heranzuziehen und die für den Bauprodukte-DPP relevanten Inhalte (DPP data) sektorspezifisch unter der BauPVO zu konkretisieren. Die vom Parlament identifizierten relevanten Inhalte für den DPP umfassen alle relevanten Informationen und erscheinen anwendbar.
Sowohl Rat als auch Parlament schlagen vor, dass die DoP/DoC in einem maschinenlesbaren Format zur Verfügung gestellt werden sollen. Dies ermöglicht u.a., dass die Abnehmer und Verwender von Bauprodukten, die häufig komplexen und schwer interpretierbaren Inhalte der DoP/DoC z.B. per QR-Code einlesen und mittels einer App einen automatischen Abgleich mit den Anwendungsbestimmungen im relevanten Mitgliedstaat durchführen. Inwieweit die anderen Bestandteile des DPP – insbesondere die Informationsanforderungen nach Anhang I Part D - in maschinenlesbarer Form benötigt werden, sollte in Hinblick auf die Machbarkeit noch geprüft werden.
Für maschinenlesbare DoP/DoC ist die Festlegung von Standardformaten unerlässlich und muss für jede htS individuell erfolgen. Daher erscheint der Vorschlag des Parlaments sinnvoll, diesbezüglich Normungsaufträge an CEN zu erteilen und die Standardformate für maschinenlesbare DoP/DoC in die betreffende Produkt-Norm aufzunehmen. Der Verweis auf das existierende CEN Workshop Agreement CWA 17316 bietet bereits eine Handlungsanleitung und erleichtert den Normungsgremien eine einheitliche Umsetzung entsprechender Normungsaufträge.
Im Gegensatz zum Parlament hält der Rat zumindest begrifflich an der von der Kommission vorgeschlagenen zentralen EU-Bauprodukte-Datenbank fest. Bei diesem Vorgehen besteht die Gefahr, dass die auf horizontaler Ebene in der ESPR festgelegten Grundsätze zum DPP unter der EU-BauPVO nur unzureichend berücksichtigt werden.
Auch zu den relevanten Inhalten bestehen Diskrepanzen zwischen Parlament und Rat. Der Rat zählt die technische Dokumentation gemäß Art. 21 (3) zu den, für die EU-Bauprodukte-Datenbank relevanten Informationen. Die technische Dokumentation gemäß Art. 21 (3) ist nicht nur vertraulicher Art, sondern besitzt auch einen immensen Umfang, der mit der Zeit stetig zunimmt. Der Aufwand für das Hochladen und die regelmäßige Aktualisierung dieser enormen und ständig anwachsenden Datenmenge wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, stellt eine unnötige bürokratische Bürde dar und sollte deshalb nur den nationalen Marktaufsichtsbehörden auf Verlangen vorgelegt werden.
Der Aufwand für die Einrichtung und den Betrieb einer zentralen europäischen Datenbank (Ratsposition) sollte nicht unterschätzt werden und stellt grundsätzlich eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Die relevanten Inhalte könnten mit weniger Aufwand über ein dezentrales System von DPPs (Parlamentsposition) zur Verfügung gestellt werden. Um die langfristige Verfügbarkeit der DPP sicherzustellen, wäre das gemäß Parlamentsposition geplante, optional zur Verfügung stehende DPP-Register hilfreich.
Produktanforderungen greifen nur, wenn sie per delegierten Rechtsakt konkretisiert wurden
Die neu eingeführten Produktanforderungen sind in den Anhängen zur BauPVO nur generisch beschriebenen. Zur praktischen Anwendung müssen diese für die jeweilige Produktgattung konkretisiert werden. In diesem Sinne ist es folgerichtig, dass die in den Anhängen generisch skizzierten Produktanforderungen erst greifen, wenn sie in einem delegierten Rechtsakt konkretisiert wurden. Der Rat stellt in seiner Position auch textlich klar, dass Produktanforderungen nur für harmonisierte Produkte festgelegt werden können. Auch das Parlament vertritt implizit diese Position.
Unterschiede bestehen noch zu den freiwilligen Normen, mit denen die Konformität mit den Produktanforderungen nachgewiesen werden kann. Nach den Vorstellungen des Rates ist die Kommission zwar ermächtigt, Normungsaufträge zur Entwicklung entsprechender Konformitätsnormen zu erteilen, muss dies aber nicht in jedem Fall tun. Dahingegen sehen die Vorschläge des Parlaments vor, dass die Kommission entsprechende Normungsaufträge erteilen muss, wenn Produktanforderungen per delegiertem Rechtsakt eingeführt wurden. Das vom Parlament vorgeschlagene Vorgehen erscheint eher dazu geeignet für ein Level-Playing-Field zu sorgen.
Bestimmungen zur Bewertung der umweltbezogenen Nachhaltigkeit von Bauprodukten
Der Kommissionsvorschlag enthält im Anhang eine Liste von wesentlichen Umweltanforderungen. Dabei handelt es sich um die üblicherweise in Umweltproduktdeklarationen enthaltenen Ökobilanzindikatoren. Das Europäische Parlament hat eine Reihe von sinnvollen Anpassungen dieses Anhangs vorgeschlagen. Es wurden die Bezeichnung der einzelnen Ökobilanzindikatoren an die einschlägige Norm EN 15804 angepasst, wodurch das Verständnis und die Eindeutigkeit der Regelungen verbessert werden. Weiterhin müssen nach den Vorstellungen des Parlaments nicht nur der „CO2-Fußabdruck“ (GWP) sondern alle 13 sogenannten „Kern-Indikatoren“ verbindlich deklariert werden. Hierdurch wird sichergestellt, dass kein „Cherry-Picking of Indicators“ erfolgt, sondern für alle Produkte eine einheitliche und faire Bewertungsgrundlage geschaffen wird.
Kritisch ist allerdings, dass die sechs „zusätzlichen Ökobilanzindikatoren“, die gemäß Norm (EN 15804) zunächst nur freiwillig deklariert werden, da die zugehörigen Referenzmethoden noch nicht ausreichend validiert wurden, nach 5 Jahren ebenfalls verbindlich zu deklarieren wären. Diese Bestimmung geht über die Norm hinaus und sollte an weitere Voraussetzungen geknüpft werden. Z.B. könnte man die verbindliche Anwendung der zusätzlichen Ökobilanzindikatoren an die Voraussetzung knüpfen, dass die Referenzmethoden erfolgreich validiert und die Bestimmungen in der EN 15804 entsprechend geändert wurden. Alternativ könnte die Entwicklung und Validierung fehlender Referenzmethoden von der Kommission per Normungsauftrag an CEN vergeben und die verbindliche Anwendung an das Ende dieses Prozesses gestellt werden.
Überraschend ist, dass der Rat den entsprechenden Anhang nahezu unverändert belassen hat. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Trilog-Verhandlungen an den Vorschlägen des Parlaments orientieren.
Wichtig wäre es, den im Kommissionsvorschlag und den Verhandlungspositionen des Rates und des Parlaments allgemein formulierten Verweis auf eine von der Kommission kostenfrei zur Verfügung gestellte Software zur Bestimmung der umweltbezogenen Nachhaltigkeit, stärker zu präzisieren. Derzeit werden unterschiedliche, kommerzielle Datenbanken mit Hintergrunddaten der, für die Herstellung der Bauprodukte verwendeten, Rohstoffe eingesetzt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Nur eine einheitliche europäische Datenbank mit den LCA-Daten der verwendeten Rohstoffe, gewährleistet eine Harmonisierung der Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit im Sinne einer „Common European Language“. Zusätzlich zu einer einheitlichen Datenbank mit Hintergrunddaten wird eine möglichst einfach anzuwendende Software zur Durchführung der Lebenszyklusanalysen benötigt.
Produktinformationsanforderungen
Die begriffliche Abgrenzung zwischen Produktanforderungen und Produktinformationsanforderungen ist sinnvoll und verbessert das Verständnis.
Kritisch ist die vom Parlament vorgeschlagene, explizite Bestimmung, dass die Produktinformationsanforderungen auch für nicht-harmonisierte Bauprodukte gelten sollen. Es besteht die massive Gefahr, dass die Anwendung der, in den Anhängen sehr allgemein beschriebenen, Informationsanforderungen ohne eine htS zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Ohne eine htS fehlt für entsprechende Angaben und Informationen die notwendige Grundlage. Dementsprechend sollten die Informationsanforderungen nur für harmonisierte Bauprodukte gelten.
Zu beachten ist, dass die Weitergabe der Informationen mit dem Produkt insbesondere an den privaten Endverbraucher im Baumarkt aufgrund des Umfangs eine besondere Bürde – gerade auch für den Handel - darstellt. Hier gilt es eine praktikable digitale Lösung zu finden.
Regelungen zur Weitergabe des Sicherheitsdatenblatts
Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass für Bauprodukte, die als Gemische vorliegen, das Sicherheitsdatenblatt an alle Abnehmer weitergegeben wird. Dies geht über die einschlägigen Bestimmungen der REACH-Verordnung hinaus. Das Parlament hat dies in ihren Vorschlägen angemessen berücksichtigt und die Bestimmungen zur Weitergabe des SDB so weit eingeschränkt, dass sie den Bestimmungen der REACH-Verordnung entsprechen.
Der Rat schränkt die Bestimmung des Kommissionsvorschlags zwar auf die Informationen des Abschnitt 3 des SDB ein, vernachlässigt aber, den Fokus auf den gewerblichen und industriellen Kunden zu legen.
Da die BauPVO die Bestimmungen zur Weitergabe des SDB der REACH-Verordnung überlassen und nicht verschärfen sollte, ist zu hoffen, dass man sich in den Trilog-Verhandlungen auf die vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen beziehen wird.
Bauprodukte im Kontakt mit Trinkwasser
Entsprechend der Vorschläge des Rates soll die Leistungsbewertung und Anforderungen gemäß EU-Trinkwasserrichtlinie vom Geltungsbereich der neuen BauPVO ausgeschlossen werden. Auf der anderen Seite wurde in die Liste der Produktfamilien (Anhang IV) eine zusätzliche Produktfamilie mit der Bezeichnung „construction products in contact with water intended for human consumption“ aufgenommen.
Dies erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich und sollte im Zuge der Trilog-Verhandlungen geklärt und konkretisiert werden.
Übergangsbestimmungen: Ein schwieriges Thema
Damit die Grundsätze der überarbeiteten BauPVO zukünftig funktionieren, müssen alle htS an den neuen Rechtsrahmen angepasst werden, bevor sie zur Anwendung kommen. Neben den EAD betrifft dies die knapp 450 harmonisierten Produktnormen und es müssen Mitgliedstaaten und Industrie in diesen Prozess eingebunden werden. Dementsprechend wird sich dieser Anpassungsprozess lange hinziehen, was der Grund dafür war, dass die Kommission einen Übergangszeitraum von etwa 20 Jahren vorgeschlagen hat. Während dieser langen Übergangszeit sollen die relevanten Teile der alten und die neue BauPVO parallel zur Anwendung kommen. In diesem Zusammenhang war es sicherlich gut, dass die Kommission recht frühzeitig den CPR-Acquis-Prozess gestartet hat. Durch die Übernahme der CPR-Acquis-Expert-Group in den Rechtstext der neuen BauPVO wird ein rechtlicher Rahmen für die Fortführung dieses Prozesses geschaffen.
Auch wenn die lange parallele Anwendung der alten und neuen BauPVO von vielen Seiten kritisiert wurde und politisch ein falsches Signal setzt, fällt es schwer, alternative Lösungsansätze zu entwickeln.
Das Parlament schlägt vor, die parallele Anwendung der alten und neuen BauPVO auf 10 Jahre zu begrenzen wobei der Rat an den, von der Kommission vorgeschlagenen, ca. 20 Jahren festhält.
Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass Produkte nach Ablauf der Übergangsfrist de-harmonisiert werden, weil die entsprechende htS noch nicht an die neue BauPVO angepasst wurden. Diese Gefahr droht, wenn die Übergangsfrist – ohne Rückfall-Option für den Notfall - zu kurz gewählt wird und in diesem Zeitraum nicht alle relevanten htS an die neue BauPVO angepasst und eingeführt wurden.
Ermächtigungen der Kommission sollten in einer Gesamtschau auf Umsetzbarkeit überprüft werden
Am Ende des Gesetzgebungsprozesses sollte in einer Gesamtschau überprüft werden, ob die Europäische Kommission ausreichende Ressourcen und fachliche Expertise besitzt, um die ihr zugewiesenen Ermächtigungen für sekundäre Rechtsakte zeitgerecht wahrzunehmen. Weiterhin muss gewährleistet werden, dass die relevanten Stakeholder angemessen an der Ausarbeitung sekundärer Rechtakte beteiligt werden. Es muss verhindert werden, dass die Erteilung sekundärer Rechtsakte durch die Kommission zum Flaschenhals bei der Umsetzung der überarbeiteten BauPVO wird.
Deutsche Bauchemie e.V.
Frankfurt, 28. Juli 2023
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